Verschiedene Tabletten liegen auf einem Tisch
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Paracetamol verursacht keinen Autismus

Um es klar zu formulieren: Für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol und dem Auftreten der Autismus-Spektrum-Störung gibt es nach heutigem Stand der Forschung keine Belege!

Dennoch versuchten US-Präsident Donald Trump und der aktuelle amerikanische Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. gestern in einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit vom Gegenteil zu überzeugen. Führende amerikanische Gesundheitspolitiker verkündeten ihrem Land und der ganzen Welt, dass Mütter für den Autismus ihrer Kinder verantwortlich seien und schwangere Frauen Fieber einfach aushalten sollten, anstatt Paracetamol einzunehmen. Paracetamol wird in amerikanischen Apotheken unter dem Markennahmen »Tylenol« verkauft.

Kennedy Jr., der früher die impfkritische Organisation »Children’s Health Defense« geleitet hat, schrieb in letzter Zeit in sozialen Medien wiederholt über einen möglichen Zusammenhang zwischen »Tylenol« und Autismus. Er fiel bereits in der Vergangenheit mit bereits widerlegten Theorien zum Zusammenhang zwischen Impfungen und der Autismus-Spektrum-Störung auf. Bei Amtsantritt hatte er vesprochen, bis September herauszufinden, was die „autistische Epidemie“ verursache.

In der Tat sind Diagnosen der Autismus-Spektrum-Störung (ASS) in den letzten Jahren angestiegen. Das liegt aber vor allem an verbesserten Diagnosemöglichkeiten sowie an der sozialen Aufmerksamkeit für die neurologische Entwicklungsstörung. Menschen, die sich bisher ‚anders‘ fühlten, aber keinen konkreten Ansatzpunkt hatten, setzen sich nun mit der Option Autismus auseinander und suchen deshalb Ärztinnen und Psychiater auf.

Die Theorie eines Zusammenhangs zwischen Impfstoffen und Autismus geht übrigens auf eine inzwischen zurückgezogene Studie des britischen Arztes Andrew Wakefield aus dem Jahr 1998 zurück. Diese Untersuchung war methodisch extrem mangelhaft, umfasste nur zwölf Kinder und wurde später als wissenschaftlicher Betrug entlarvt. Wakefield hatte Interessenkonflikte und seine Daten wurden nachweislich manipuliert, um vorgefertigte Hypothesen zu stützen.

Umfassende Kohortenstudien aus Dänemark, mit über 650.000 beobachteten Kindern, konnten keinen Unterschied im Autismus-Risiko zwischen geimpften und ungeimpften Kindern feststellen. Alle seriösen medizinischen Fachgesellschaften, Institute und Behörden (RKI, WHO, CDC) lehnen die Behauptung eines Zusammenhangs zwischen Impfungen und Autismus klar als widerlegt ab.

Steigende Diagnoszahlen bedeuten also nicht, dass mehr Menschen Autismus haben (die Prävalenz ist seit Jahren in etwa gleich). Es bedeutet lediglich, dass mehr autistische Personen eine Diagnose bekommen. Wissenschaftler führen den Anstieg also großteils auf ein gesteigertes Bewusstsein für Autismus, eine erweiterte Definition der Autismus-Spektrum-Störung zurück und generell verbesserte Diagnostik zurück.

Für die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Impfstoffen und Autismus hat der amerikanische Gesundheitsminister übrigens David Geier eingestellt – ein führender Impfstoffskeptiker, der vom Bundesstaat Maryland mit einer Geldstrafe belegt wurde, weil er ohne medizinischen Abschluss oder Zulassung als Arzt praktiziert und autistischen Kindern gefährliche Behandlungen verschrieben hatte.

Gute Nacht, Amerika.

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